Das Recht der Stärkeren (Bundesstart)


Eine Autobombe explodiert vor einem Berliner Kino. Die Attentäterin ist Jana, 18 Jahre, sie kommt bei dem Anschlag selbst zu Tode. Niemand weiß, was sie dazu getrieben hat. Der einzige Hinweis ist Janas Vlog auf Social Media. Janas Vlog ist wie ein Tagebuch: Jeden Tag ein kurzes Video. Er zeigt, wie Janas Alltag aussieht, was ihre Gedanken sind, und dass sie schon immer ein besonderes Mädchen war – ein besonders schwieriges. Schon in der Kita hat sie Spaß daran, sich mit anderen zu prügeln. Als es in der Schule nicht besser wird, gehen ihre Eltern von einem Arzt zum anderen: Alle diagnostizieren etwas anderes.

Nun ist Jana 18 und geht jeden Tag in eine Behinderten-Werkstatt. Mit den anderen „Behindis“, wie sie sie nennt, will Jana nichts zu tun haben. Sie hat auch keine Lust, zu filzen oder zu nähen. Stattdessen vertreibt sie sich die Zeit mit sozialen Netzwerken, wo sie unter verschiedenen Fake-Accounts Posts kopiert und als ihre eigenen wieder einstellt.

Oft fügt sie auch ein paar Wörter dazu, um die Posts stärker zu machen oder zu provozieren. Das funktioniert vor allem im rechten Spektrum gut. Schon bald hat Jana viele neue Internet-„Freunde“. So kommt sie in Kontakt mit dem „Freundeskreis“, einer Gruppe, die Jana mit markigen Sprüchen und klaren Botschaften beeindruckt. Zuerst geht sie nur aus Neugier hin. Diese Leute sind ganz anders, als sie sich das vorgestellt hat: Sie diskutieren viel, legen Wert auf Gemeinschaft und machen ständig aufregende Sachen. Besonders die Chefin der Gruppe – Helene – überzeugt sie mit ihren kraftvollen Reden. Zwar hetzt sie gegen Flüchtlinge, Muslime und Juden, aber ihre Argumente kommen Jana stichhaltig vor. Wegen der vielen Follower hat Jana in der Gruppe sofort einen gewissen Status. Mit jedem Treffen identifiziert sie sich mehr mit ihnen – immer extremer werden ihre politischen Ansichten, immer gewagter die gemeinsamen Aktionen. Sie verliebt sich in einen der Jungs und ist begeistert, als er mit ihr im geklauten Auto ins Kino will. Dass seine neue Handynummer falsch ist, merkt sie jedoch erst, als es schon zu spät ist.

Director`s Note

Wie kam es dazu, dass Sie einen Film gegen Rechtsextremismus gemacht haben?
Das kann ich ziemlich genau sagen: Als die AfD das erste Mal in den Bundestag einzog, das war 2017, und Gauland sagte: „Wir werden sie jagen“. Da hab ich mich daran erinnert, was mir die Profs an der Filmhochschule gesagt haben: „Wenn so was noch mal passiert, müsst Ihr was machen! Ihr habt als Filmemacher Verantwortung!“ Eigentlich bin ich ja kein besonders politischer Filmemacher, aber das hab ich mir gemerkt.

Wie ging es dann weiter?
Erstmal hab ich Filmförderung fürs Drehbuch beantragt, sogar zwei Mal – ohne Erfolg. Dann hab ich herumtelefoniert, unter anderem mit einer Fernsehredakteurin gesprochen. Die meinte: „Rechtsextremismus ist ein wichtiges Thema, aber wir machen’s trotzdem nicht.“
Interessanter Standpunkt…
Find ich auch. (Lachen) Aber ich wollte mich nicht entmutigen lassen. Ab da hab ich sehr viel recherchiert, viele Bücher gelesen, Filme geguckt, Leute gesprochen.

Was für Leute?
Zum Beispiel einen Mitarbeiter von Exit Deutschland. Das ist eine Organisation, die jungen Nazis hilft, aus der Szene rauszukommen. Das war extrem hilfreich. Aber auch Leute von Jugendclubs, einen Soziologen, Menschen, die sich mit Rechtsextremismus professionell beschäftigen. Natürlich war ich auch auf Demos, hab die ganzen AfD-Granden gesehen, aber auch bei Fußballspielen oder bei Pegida, oder Demos gegen die Corona-Maßnahmen, die rechts unterwandert waren.
Dabei fiel mir auf, dass ich manche Demo-Teilnehmer gar nicht so unsympathisch fand. Ich finde, dass sie oft die richtigen Fragen stellen und ihre Anliegen und auch ihre Kritik berechtigt sind. Sie lassen sich bloß die falschen Antworten geben – von den falschen Leuten.

Was wünschen Sie sich für den Film?
Ich hoffe, dass unser Film Leute erreicht, die auf der Schwelle sind, nach rechts abzurutschen. Meine Intention war ja, Rechtsextremismus nicht nur als das absolut Böse und Verachtenswerte darzustellen – was er natürlich auch ist – sondern ebenso die Faszination zu zeigen, die er bei vielen Jugendlichen auslöst. Heranwachsende wollen ja oft klare Aussagen: Schwarz und Weiß, Gut und Böse, das war bei mir nicht anders. Das bedient Rechtsextremismus auf jeden Fall sehr gut. Dabei geht es aber nicht nur um Politik, sondern um eine ganze Subkultur mit Musik, Kleidung, coolen Leuten, Festivals und noch viel mehr. Ich will das Kino-Publikum in die Situation bringen, dass es mit unser Hauptfigur Jana zusammen in Kontakt mit den Rechten kommt und denen nach und nach auf den Leim geht. Wichtig ist auch, wie es geschieht: Über soziale Medien. Das halte ich für eine echt gefährliche Entwicklung. Vielleicht hat der Film die Kraft, einige Menschen zum Nachdenken zu bringen, bevor sie die rechten Parolen mitschreien – das würde ich mir wünschen.